Chelidon macht die Augen g’sund…

Kräuternachrichten Nr. 21 – Frühling 2024

 

… das tun uns schon die Schwalben kund.

 

Überall ums Haus und an Wegen sprießen nun im Frühling seine üppigen, sattgrünen Büschel – weiche, gelappte Blätter, aus denen beim Abbrechen der typische gelb-orangefarbene Milchsaft austritt. Es ist das Schöllkraut (Chelidonium majus), das zur Familie der Mohngewächse (Papaveraceae) gehört. Als Heilpflanze kann es auf eine lange Tradition zurückblicken. Wissenschaftlich belegt ist seine heilende Wirkung auf Leber und Galle und mittlerweile auch als Mittel gegen Warzen.

Typisch für die Mohngewächse ist das Vorkommen von Alkaloiden, sekundären Pflanzenstoffen, die in der Medizin vielfältig angewendet werden und mitunter unverzichtbar sind (z.B Morphin bei starken Schmerzen). Aber auch in Genuss- und Rauschmitteln kommen sie vor. Man denke da nur an das Coffein im Kaffee oder Nicotin im Tabak. 

Im orange-gelben, scharfen Milchsaft des Schöllkrauts wurden Alkaloide nachgewiesen, die krampflösend, beruhigend, schmerzstillend und den Gallenfluss fördernd wirken. Auf Warzen aufgetragen, vermag er das Zellwachstum zu hemmen. 

Früher musste man dafür am besten bei Vollmond unter einen Weidenbusch gehen und über die linke Schulter spucken, um die Warzen loszuwerden. Das müssen wir heute nicht mehr unbedingt tun; Schöllkraut hilft auch ohne dieses Ritual, die zellwachstumshemmende Wirkung auf Warzen wurde irgendwann wissenschaftlich belegt. Dazu bestreicht man die Warzen täglich über mehrere Wochen, was nicht schwer fallen sollte, wächst doch das Schöllkraut als typischer Kulturfolger rund ums Haus, in Mauerritzen, unter Gebüschen. Ungefragt siedelt er sich auch in Gartenbeeten und Blumentöpfen an.
Die medizinische Anwendung erfolgt mit Fertigpräparaten und als homöopathische Mittel, womit wir wieder bei den Schwalben angekommen wären. Eine Legende besagt, dass die Schwalbeneltern ihren noch blinden Nestlingen mit einem Schöllkrautblatt über die Augen streichen, um deren Sehkraft für das Leben in der Luft zu stärken und gesund zu erhalten. Ich selbst schwöre auf Chelidonium-Augentropfen in homoöpathischer Form. Vor allem in der kalten Jahreszeit, wenn die Augen trocken sind und ständig tränen, möchte ich sie nicht mehr missen. Es gibt aber noch eine weitere Verbindung zu den Schwalben: Schöllkraut beginnt Mitte April zu blühen, wenn die Schwalben aus dem Süden zurückkehren und selbst der botanische Name Chelidonium hat einen Bezug zu den Tieren: denn das altgriechische Wort Chelidon bedeutet „Schwalbe“.

Zum Jahresausklang…

… möchte ich mich mit einem Bild der Königskerze verabschieden. Die leuchtend gelben Blüten bringen Sommerwärme in die dunklen Wintertage – gerade jetzt sind sie wunderbare Helfer bei Husten und angegriffenen Stimmbändern.
Die Königskerze enthält, wie auch der Spitzwegerich, ein pflanzliches Antibiotikum, das Aucubin. Man trinkt die Blüten als Tee, gemischt mit anderen Hustenpflanzen (wie Thymian). Bei Heiserkeit kann man mit dem Teeaufguss der „Wollblume“ – wie die Königskerze auch genannt wird – mehrmals täglich gurgeln.


… ein herzliches Dankeschön


Im Kräuterreich gibt es so unendlich viel zu entdecken und jede von uns hat ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit den pflanzlichen Helfern gemacht. Und weil wir alle unterschiedliche Erfahrungen mit der Wirkung der Pflanzen mitbringen, ist es für mich, als „alte Kräuterhäsin“ so spannend, wenn wir uns auf meinen Kräuterführungen austauschen. Ich lerne wirklich jedes Mal etwas Neues dazu!

Zum Jahresausklang möchte ich Euch für Euer Interesse an den Kräutern und die vielen anregenden und belebenden Gespräche danken.
Meinen Partner/innen danke ich für die inspirierende, erfolgreiche Zusammenarbeit.
Ich wünsche Euch und Ihnen frohe und ruhige Festtage im Kreise lieber Menschen und einen guten Start in ein wunderbares neues Jahr 2024. Und bleiben Sie gesund!
Ich freue mich jetzt schon auf die neue Kräutersaison.

 

 

Gedanken zum Jahresausklang


Die Zeit um Weihnachten und zwischen den Jahren ist für mich immer eine besondere Zeit – eine Zeit, in der ich zurückblicke auf das vergangene Jahr und einen Ausblick auf das neue wage. Schon seit vielen Jahren schreibe mir die wichtigsten Dinge, die übers Jahr passiert sind auf. Es ist nicht immer nur Schönes – dieses Jahr mussten wir unsere Hündin Casa einschläfern lassen, die uns 16 Jahre begleitet hat. Aber es gibt auch sehr berührende Erlebnisse zu berichten: am 15. September waren bei uns und in den umliegenden Gärten früh morgens viele Tausend Rauch- und Mehlschwalben. Sicherlich ein Schwarm auf dem Zug gen Süden. Sie flogen immer wieder auf, drehten ein paar Runden, um dann in den Bäumen zu landen. Das Naturschauspiel dauerte vielleicht ein halbe Stunde, und als wenn das nicht schon genug Spektakel wäre, bildete sich auf der Wiese im Nebel noch ein seltener „Nebelbogen“, der von der aufgehenden Sonne angestrahlt wurde.

Ach, du grüne Neune …

Kräuternachrichten Nr. 20 – Frühling 2023

 

Neun Kräuter waren es meist, mit denen sich unsere Vorfahren im Frühling mit der erwachenden Natur verbanden. Traditionell wurde dazu eine Kräutersuppe zubereitet, in der die ersten jungen Brennesseln, Gierschblättchen und Blätter vom Löwenzahn auf keinen Fall fehlen durften. Die weiteren Kräuter konnten je nach Region variieren, immer waren es aber “Allerweltskräuter” die um Haus und Hof zu finden waren: Gundelrebe, Hirtentäschel, Vogelmiere, Taubnesseln, Schafgarbe, Sauerampfer, Brunnenkresse, Scharbockskraut, Gänseblümchen, Breit- oder Spitzwegerich, Bärlauch, Schnittlauch …
Bis ins vergangene Jahrhundert wurde in vielen Gegenden Deutschlands in der Karwoche die “Gründonnerstagssuppe” aus neunerlei Wildkräutern zubereitet. Ja, die Menschen damals kannten noch den Segen dieser wohl schmeckenden Vitaminspender, die den Winter mit Macht aus den Knochen vertreiben.

Hoher Besuch im winterlichen Garten

Kräuternachrichten Nr. 19 – Winter 2022

 

Man kann ja von Fichten und anderen Nadelbäumen im Hausgarten halten was man möchte – ich selbst mag sie nicht besonders, sie gehören einfach nicht hierhin. Aber seit ein paar Jahren haben wir jeden Winter eine Schlafgemeinschaft von Waldohreulen in Nachbars Fichte. Und das freut mich sehr.


Dieses Jahr sind es zwei Eulen, die Abend für Abend im lautlosen Tiefflug über unseren Garten Richtung Oderaue zur nächtlichen Jagd streifen. Manchmal machen sie vorm Abflug Rast in unserem Pflaumenbaum und wenn sie sich gestört fühlen, können wir ihren typischen “kwäck-kwäck”-Warnruf hören.
Aber auch andere Gäste finden sich jetzt im Garten ein.

Meisen lieben die ölhaltigen Samen der Nachtkerzen und Distelfinken feiern ein Fest in den Fruchtständen der Wegwarte. Auch wenn es uns in unserer Ordnungliebe stören mag – ein wilder Naturgarten, in dem die Stauden bis zum Frühjahr stehen bleiben dürfen, bietet den Vögeln im Winter einen reich gedeckten Tisch. Ganz nebenbei tun wir auch den überwinternden Insekten etwas Gutes: viele suchen sich nämlich ihr Winterquartier in verblühten, vertrockneten Staudenstängeln.

Von Fuchsschwänzen und Gänsefüßen

Kräuternachrichten Nr. 18 – Herbst 2022

Mal Kräuternachrichten über Tiere? – Nein, nein, wir bleiben bei den Pflanzen!


Heute geht es um die Familie der Fuchsschwanzgewächse, zu denen unter anderem der bekannte Garten-Fuchsschwanz (Amaranth) mit seinen leuchtend magenta-farbenen Blütenständen zählt. Aber auch die Melden und andere Gänsefußgewächse
und sogar der exotische Quinoa reihen sich hier ein.
Der aus Südamerika stammende Quinoa wird bei uns als Superfood gehandelt, reich an Mineralstoffen und Proteinen, doch seine einheimischen Verwandten stehen ihm in Sachen gesunder Vitalstoffe in Nichts nach. Und sie wachsen vor der Haustür! Ohne unser Zutun siedeln sie sich auf Äckern, in Gartenbeeten, Blumentöpfen, im Gewächshaus an – einfach überall, wo die Erde offen liegt. Als typische Erstbesiedler sind sie sehr anspruchslos, kommen mit fast allen Böden zurecht Zugegeben: mein Gärtnerinnenherz lässt mich manchmal auch über das Un-Kraut schimpfen, das sich da einfach zwischen Mangold und Bohnen ansiedelt. Das vor Wachstum und Gesundheit nur so strotzt, während die mimosenhaften Gartenpflanzen schon wieder mit schlaffen Blättern nach Wasser lechzen.
Aber die Kräuterfrau in mir kann doch nur Bewunderung für diese bescheidenen Gewächse empfinden. Und sie weiß, dass wir uns ihre Vitalität einverleiben können, indem wir sie aufessen.
Heute möchte ich einen wenig bekannten, aber sehr häufig anzutreffenden Vertreter der Gänsefüße vorstellen:
den Weißen Gänsefuß (Chenopodium album).

Der Weiße Gänsefuß, auch Ackermelde genannt, ist von den echten Melden (Atriplex spec.) schwer zu unterscheiden, was uns jedoch nicht stört. Wir sind ja nicht botanisch unterwegs, sondern möchten die Pflanzen als Wildgemüse genießen. Und
die Melden sind genauso essbar.
Eine Ausnahme gibt es hier allerdings: der Bastard-Gänsefuß, dessen Blätter an die des Stechapfels erinnern, ist nicht essbar. Nun, er riecht sehr unangenehm, scharf und bitter, so dass man ihn schon allein wegen seines Geruchs nicht essen
mag. Bleibt festzuhalten: wenn’s kräutrig-grün und angenehm riecht, kann der „Gänsefuß“ auf den Teller!
Übrigens: ein Gänsefuß, der es bereits vom Unkraut zum Gemüse geschafft hat, ist der Gute Heinrich (Chenopodium bonus-henricus). Einst nur als Wildgemüse in der Natur gesammelt, wird sein Saatgut mittlerweile in Gärtnereien angeboten.


Vielseitiges gesundes Wildgemüse

Der Weiße Gänsefuß punktet durch seinen hohen Vitamin-C-Gehalt, seinen Gehalt an Eiweiss, Kalium, Magnesium, Eisen und Zink. Gerade was das Eisen betrifft, eine super Kombi, denn durch das Vitamin C wird es für unseren Körper sehr gut verfügbar.
Junge Blätter und Triebspitzen können selbst wenn sich schon Blütenknospen ausgebildet haben, Salate und Smoothies verfeinern. Als Spinat zubereitet, ist der “Gänsefuß” ein Genuss. Ältere Blätter und Triebe lagern Nitrat und Saponine ein, so
dass sie dann meist sehr stumpf schmecken. Sie sollten nur in geringen Mengen verzehrt werden.
Seine kleinen schwarzen Samenkörnchen, die auffällig an Quinoa erinnern, bereichern unsere Kräuterküche. Am besten verwendet man sie gemörsert oder gemahlen, da ihre Schale sehr hart ist.

Prinzessinnentreffen an der alten Burg

Kräuternachrichten Nr. 17 – Dezember 2021

Im Oktober 2021 hatte ich eine Kräuterwanderung am Stolper Turm. Die Halbtrockenrasen um die alte Burg werden übers Jahr mit Schafen beweidet. Im Herbst hat dann aber wieder einiges geblüht, unter anderem auch die Wegwarte.

So steh‘ ich also mit meiner sehr an Kräutern interessierten Gruppe und erzähle über die Wegwarte. Erzähle, dass unser Zichorienkaffee – der gute alte Muckefuck – aus den Wurzeln der Wegwarte hergestellt wird und dass Muckefuck sich vom französischen “Mocca faux” – falscher Kaffee – ableitet. Erzähle auch die Geschichte von der Prinzessin, die in eine Blume verwandelt, mit ihrem Gefolge am Wegrand auf den treulosen Liebsten wartet. Ein Heer von blauen Blumen am Wegesrand – und manchmal – sehr selten, entdeckt man eine weiße Blüte – das ist dann die echte Prinzessin. Ich selbst hatte leider noch nie eine gesehen, einmal nur eine rosafarbene.

Plötzlich sagt eine meiner Teilnehmerinnen:
“Hier vorne steht eine weiße Blüte!” Hier auch – und hier. Wir haben auf einmal ganz viele entdeckt.
Es war ein richtiges Prinzessinnentreffen! Klar, wenn nicht hier, an dieser altehrwürdigen Burg in Stolpe, wo dann?

Kräuternachrichten Nr. 16 Walnuss – die welsche Nuss

Die gute Nachricht zuerst:
Es geht wieder los!
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Seit Pfingsten sind wieder Führungen möglich. Derzeit ist die maximale Teilnehmerzahl bei Naturführungen auf 15 begrenzt und wie letztes Jahr auch, müssen die Kontaktdaten der Teilnehmenden erfasst und zwei Wochen lang aufbewahrt werden.
Auch die AHA-Regeln gelten weiterhin, aber das ist ja inzwischen für uns alle bereits zur Routine geworden. Ich freue mich darauf, wieder mit Ihnen zu und durch die Kräuter zu wandern. Meine Angebote finden Sie weiter unten.
Vorab schon mal zwei Tipps für kommendes Wochenende: Spaziergang durch den „offenen“ Bauerngarten bei Hemme Milch und Un-Krautführung in der Blumberger Mühle. ­ ­

Das war die gute Nachricht und die schlechte gibt es heute nicht …
Dafür aber einen kurz gehaltenen Beitrag zum Titelfoto: ­ ­

Walnuss – die welsche Nuss ­ ­

Ursprünglich im Orient zu Hause, kam die Walnuss (Juglans regia) wahrscheinlich über Italien und Frankreich zu uns. „Wal“ und „welsch“ haben beide den gleichen Ursprung; es war die alte germanische Bezeichnung für die Römer und romanisierten Kelten. „Welsch“ wurde auch für fremdländisch im Allgemeinen gebraucht. ­ ­
­ ­ Die spätfrostempfindlichen Walnussbäume werden in erster Linie wegen ihrer schmackhaften, fettreichen Früchte und wegen des edlen Holzes angebaut. Weniger bekannt hingegen ist die Verwendung der Blätter
– innerlich als Tee bei Magen-Darmkatarrhen und zur allgemeinen Stärkung,
– äußerlich als Umschlag, Waschung oder Bad bei Hautentzündungen. Aufgrund der Gerbsäure wirken die Blätter adstringierend, entzündungshemmend, juckreizlindernd, schmerzstillend und gewebestärkend.

Der Tee erinnert vom Geschmack ein wenig an Schwarztee – enthält jedoch keine Koffein. Die Blätter (Fiederblätter ohne die Mittelrippe) werden jetzt im Juni um Johanni gesammelt und rasch an einem schattigen, luftigen Ort getrocknet. Man bewahrt sie dann in einer gut schließenden Dose dunkel und trocken auf.

Bemerkenswert ist, dass unter Walnussbäumen kaum andere Pflanzen wachsen. Verantwortlich dafür ist das Juglon, eine Substanz, die aus den Walnussblättern ausgewaschen wird und im Boden auf andere Pflanzen keim- und wachstumshemmend wirkt. Aus diesem Grunde ist es auch nicht ratsam, Gartenbeete mit Walnusslaub zu mulchen oder das Laub ins Hochbeet zu schichten.
In Erdmieten hingegen kann das Walnusslaub unliebsame Nager von den kostbaren Möhren und anderen Wurzelgemüsen fernhalten. ­ ­

Kräuternachrichten Nr. 15 – Februar 2021

Liebe Kräuterfreundinnen,
liebe Kräuterfreunde,
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was für ein Jahr, dieses 2020, das nun hinter uns liegt… Vor 12 Monaten haben wir nach China geblickt und gespannt die rasante Entwicklung dort verfolgt. Inzwischen sind wir selbst im dritten Lockdown, Corona hat das ganze letzte Jahr geprägt und tut es noch immer.

Maske tragen ist Alltag – auch, dass wir uns nicht einfach mit Freunden, mit der Familie treffen können. An Reisen ist momentan nicht zu denken. Vor diesem Hintergrund möchte ich heute mit einer kleinen Geschichte beginnen, sie handelt

Von der Kraft der Imagination

Seit vielen Jahren verbringen wir Ende Januar ein Wochenende an der Ostsee, Zinnowitz, Insel Usedom. Die Aussicht auf dieses Wochenende rettet mich jedes Jahr durch den langen, oft sehr trüben Uckermarkwinter. Danach, an Lichtmess, werden die Tage schon spürbar länger und bald beginnt es sich draußen wieder zu regen, die ersten Kräuter sprießen.

Dieses Jahr ist nun alles anders. Wir sind im Lockdown, Reisen ist nicht möglich.
Also begaben wir uns auf eine virtuelle Reise: Wir planten ein Wochenende, so als ob es tatsächlich stattfände. Wir genossen die Vorfreude, schon mehrere Tage vor „Abreise“. Tranken bei Ankunft am Freitag Abend einen Begrüßungssekt, nahmen uns Zeit für gute Gespräche, zum Lesen, langweilten uns auch mal abends vorm Fernseher. Der Computer blieb das ganze Wochenende aus. – Alles wie im echten Urlaub.

Bei unseren ausgiebigen Spaziergängen, hier im Nationalpark lauschten wir dem Wind in Kiefernkronen – das war unser Meeresrauschen. Die Galower Berge, eine wunderbar bewegte Hügellandschaft aus lauter Wiesen, waren unsere Dünen. Und dahinter war das Meer. ­

Abends kochten wir die Gerichte, die wir in unserem Lieblingsrestaurant in Zinnowitz essen würden und blödelten herum, indem wir uns mit den anderen (imaginären) Gästen und mit der Kellnerin unterhielten. ­

Wir wechselten die Rollen, waren mal Servicepersonal (wir mussten ja selbst kochen und das Frühstücksbuffet richten), waren Gäste. Haben uns an den schön gedeckten Tisch gesetzt, das Essen genossen, die Erlebnisse des Tages ausgetauscht. ­

Alles wie im richtigen Urlaub. Und es ging uns gut, richtig gut. Wir gingen super erholt in die neue Woche. ­

Fazit: Nachahmung ist unbedingt zu empfehlen!

Wenn Sie sich jetzt fragen, was das alles mit Kräutern zu tun hat, dann möchte ich den Bogen schlagen vom Bernstein – einem viele Millionen Jahre alten fossilen Harz – (mit etwas Glück kann man ihn beim Ostseespaziergang finden) zu den rezenten Harzen. Dem heimischen Kiefern- und Fichtenharz, dem orientalischen Weihrauch, der auch Olibanum heißt, und einen festen Platz in der modernen Naturheilkunde hat.

Über die Baumharze

Bernstein kommt überall auf der Welt vor. Er entstand sowohl aus dem Harz von Laub- als auch von Nadelbäumen, was seine Vielgestalt erklärt. Der baltische Bernstein ist vorwiegend aus einer Kiefernart (Pinus succinifera) entstanden, die im heutigen Ostseeraum Massenvorkommen hatte.

Bernstein

Mehr als eine halbe Millionen Tonnen Bernstein, so schätzt man, lagern allein in der Ostsee. Der Name Bernstein ist auf seine Brennbarkeit zurückzuführen – bernen ist ein altes Wort für brennen. Er wird sowohl in der Homöopathie als auch zum Räuchern in Mischung mit verschiedenen Kräutern verwendet und entfaltet dann seinen warmen, harzigen Duft.

Der Weihrauchbaum (Boswellia spec.), ein Laubbaum, wächst in Indien und Afrika. Bei uns in Mitteleuropa sind es vorwiegend Nadelbäume, die Harz besitzen. ­

Wird bei einem Baum die Rinde verletzt, so tritt Harz aus und schützt den Baum vor eindringenden Keimen und Parasiten. Daraus lässt sich schon ableiten, welche Heilwirkung den Harzen zugeschrieben wird: sie wirken keimwidrig, entzündungs- hemmend und schmerzlindernd. Weihrauchfertigpräparate werden heute u.a. bei entzündlichen Hauterkrankungen und Gelenkschmerzen eingesetzt. Ähnliche Wirkung hat die Pechsalbe. In Fertigpräparaten wird dazu meist Lärchenharz verwendet.

Wie Sie sich aus selbst gesammeltem Fichten- oder Kiefernharz eine heilkräftige Pechsalbe herstellen können, lernen Sie in meinen Workshops.

Kräuternachrichten Nr. 14 – Herbst 2020

Durch deine Äste Vielgestalt,
bist, Eiche, du ein Wald im Wald!
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Karl Mayer, Sammlung Unterwegs, 1848
Wenn ich an Eichen denke, fällt mir stets das silberne 50-Pfennigstück ein. Eine kniende Frau im langen Kleid und Kopftuch pflanzt, so scheint es mir, konzentriert einen Eichensetzling. Ich mag dieses Bild, weil es Bäume wertschätzt. So wie ich es tue. ­ In Deutschland gibt es zwei heimische Eichenarten, Stiel- und Traubeneiche. Wer mag, darf noch die seltenen wärmeliebenden Flaumeichen als dritte Art hinzunehmen.

Sprichwörtlich ist das Alter der Eichen. Fünf, sechs und sieben Jahrhunderte können sie leben. Die ältesten Exemplare waren bereits im ausgehenden Mittelalter mächtige Bäume.  ­ Einen meiner schönsten Geburtstage habe ich mit vielen Freunden unter der frei stehenden weit ausladenen Lenzeiche gefeiert. Ihre Krone mag einen Durchmesser von 30 Metern überspannen. ­ Alte Eichen sind Sensibelchen. In meinem Umfeld, an den Oderhängen oder der Schorfheide, sterben sie in den letzten Jahren zu Hunderten. Wissenschaftler sprechen von einer Komplexkrankheit. ­ ­
­ ­ ­ ­ Ich bin überzeugt, es sind die Trockenjahre, die seit 2003 zunehmend unsere Wälder verändern. Alte Eichen mögen sich nicht mehr umstellen, ihre Wurzeln in möglicherweise noch wasserführende Schichten senken. Das war früher auch nicht nötig. Da ähneln sie vielleicht ein wenig alten Menschen. ­
­ ­ ­ ­ Ich mag Eichen, ihre herrlichen Früchte, ihre raue Borke, mächtige Baumgestalten. Dabei denke ich nicht an die „deutsche Eiche“.  Eher an einen freundlichen Baum, der mehr als tausend verschiedenen Insektenarten Kinderstube und Heim bietet. Einfach so, ohne Gegenleistung. Sie liebt wohl die Gemeinschaft, gerade in langen Winternächten … ­

Kleines Eichen-Verwirrspiel:
Die Früchte der Stieleiche sind deutlich gestiel. Die Blätter dagegen sitzen direkt auf den Zweigen, sie haben keinen Stiel.
Gerade umgekehrt ist es bei der Traubeneiche: hier sind die Blätter gestielt, die Eicheln jedoch nicht.

Früchte der Stieleiche
Heilkundliches ­
­ ­ ­ ­ Es sind die Gerbstoffe, die die Eiche zur Heilpflanze machen. Davon hat sie reichlich  – vor allem in der jungen Rinde, die im Frühjahr bis zu 20 % enthalten kann. Eichenrinde wird äußerlich in Form von Sitzbädern oder Umschlägen bei Haut- und Schleimhaut-verletzungen, bei schlecht heilenden, entzündlichen Wunden und nässenden Ekzemen angewandt. Die Gerbstoffe reagieren bei dieser Behandlung mit den Eiweißstoffen der Haut. Sie wirken desinfizierend, juckreizlindernd und adstringierend, d.h. zusammenziehend. Die Wunde trocknet dadurch ab, die Wundränder schließen sich und sie kann heilen. ­
­ ­ ­ ­ Nichts anderes passiert übrigens, wenn Tierhäute zu Leder gegerbt werden. Die Gerberlohe auch Eichenlohe genannt, verbindet sich mit dem Eiweiß der Tierhaut, wodurch diese biegsam und vor allem haltbar wird. ­
­ ­ ­ ­ Innerlich als Tee helfen die Gerbstoffe der Eichenrinde bei Durchfallerkrankungen. Allerdings kann dieser Tee bei empfindlichem Magen und vor allem in höheren Dosen Magenreizungen verursachen.

Kräuternachrichten Nr. 13 – Herbst 2019

Vom Soldatenknopf zum Klettverschluss ­

Hat eine Pflanze viele unterschiedliche volkstümliche Namen, so zeugt das von einer regen Verwendung über die Jahrhunderte hinweg. Die Klette – obwohl heute nurmehr als lästiges Unkraut bekannt – ist so eine Pflanze mit vielen Namen. Haarballe, Bardana, Rossklettenwurz, Lederlappen sind einige ihrer Namen oder eben Soldatenknöpfe – wie sie im Ruhrgebiet in der Nachkriegszeit genannt wurde. Da nutzte man die mit Haken versehenen Blüten vor allem auf wolligen Kleidungsstücken als dekorativen Knopfersatz. ­ Jeder hat schon einmal Bekanntschaft mit den fahlbraunen Fruchtständen der Klette gemacht, die sich beim Herbstspaziergang an Jacken oder Hosen verhakeln, am liebsten aber in Katzen- oder Hundefellen hängen bleiben und sich schwer herauslösen lassen.

Diese Beobachtung an seinen eigenen Hunden hat zum Ende der 1940er Jahre den Schweizer Ingenieur Georges de Mestral dazu bewogen, sich die Klettenfrüchte unter dem Mikroskop etwas genauer zu betrachten. Er entdeckte die kleinen Häkchen und hatte gleich weitreichende Pläne: er entwickelte den Klettverschluss, auf den er 1951 ein Patent anmeldete.

Später, in den 1960er Jahren entstand dann eine ganze Forschungsrichtung, deren Ziel es ist von der Natur zu lernen und bestimmte Phänomene in der Technik oder im Alltag zu nutzen – die Bionik. ­ ­ ­ ­ ­
­ Drei Klettenarten kann man bei uns antreffen: die Große Klette (Arctium lappa), die Kleine Klette (A. minor) und die Filzige Klette (A. tomentosum). Alle fallen sie durch ihre stattliche Erscheinung und – trotz des Namens – eine Wuchshöhe von 1,50 – 2,00 m auf, die natürlich vom geeigneten Standort abhängt.
Kletten sind zweijährige Pflanzen. Im ersten Jahr bilden sie eine Rosette, mit der sie in den Winter gehen. Im nächsten Frühjahr erhebt sich dann der Blütenstand, verzweigt sich und kommt zur Blüte. Nachdem sie Früchte ausgebildet haben, sterben die Pflanzen ab. Aber da wachsen bereits neue Rosetten in der Nähe heran.
Blütenstand der Filzigen Klette
Heilkundliches ­
­ ­ ­ ­ In der Volksheilkunde wird die Klettenwurzel verwendet, die Schleimstoffe, Bitterstoffe und bis zu 45 % Inulin, einen Zuckerstoff, enthält. Aufgrund ihrer entzündungshemmenden, juckreizlindernden und abschwellenden Wirkung wird die Klettenwurzel als Salbe oder Öl bei rheumatischen Beschwerden und bei Hautkrankheiten eingesetzt. Auch wird dem Klettenwurzelöl eine gewisse haarwuchsfördernde Wirkung nachgesagt, wenn man es in die Kopfhaut einmassiert. ­ ­ ­ ­
­ ­ ­ ­ Geschälte Klettenwurzeln, eine Zeit lang in Wasser eingelegt, um die Bitterstoffe herauszuziehen, ergeben ein vorzügliches Herbstgemüse. Dabei wirkt das enthaltene Inulin wie ein Ballaststoff, da unserem Körper das Enzym fehlt, um diesen Zucker aufzuschließen.